Aktuelle Mitteilungen des Landesverbandes der Binnenfischer Mecklenburg-Vorpommern e.V.

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Generationswechsel auf dem Fischereihof Mueß

Leichter Frost, Eisbildung und Nebel am Schweriner Innensee. Fischer Andreas Kühl schaut ein wenig skeptisch auf die Wasseroberfläche. Von seinem Fischereihof Mueß sind die nahen Inseln Kaninchenwerder und Ziegelwerder kaum erkennbar. „Heute geht es nicht raus“, sagt der  54-Jährige.  Also wieder rein in den Wirtschaftsraum. An Arbeit mangelt es nicht. Karpfen, Aale, Lachs, Forellen und Saiblinge liegen eisgekühlt in den Auslagen.  Alles frische Ware für die Kunden. Mit ihm wirbeln weitere acht Mitarbeiter auf dem Fischereihof.„Über die Festtage gingen die Karpfen gut. Jetzt sind die Forellen gefragt“, sagt Kühl. Just in dem Moment schaut ein älteres Pärchen um die Ecke: „Zwei Forellen, nicht so groß bitte.“ Kurz darauf geht der Kescher in die Hälternetze – zwei Forellen zappeln im Netz.

Anfang September 2024 übernahmen Kühl und Henning Czapla (26) den Fischereihof aus den Händen von Gerd Eberwein. Ein Glücksfall für Schwerin und den Tourismus am See. Die Fischerei und damit der traditionsreiche Fischerhof Mueß bleiben erhalten.  Während Kühl all sein Wissen um die Flossenträger und deren Fang nebst Verarbeitung einbringt, kennt sich Henning Czapla bestens mit den Richtlinien in der Wirtschaft aus. Der studierte Wirtschaftsrechtler aus Schwerin ist in den Coronajahren auf den Hof aufmerksam geworden. „Ich wollte einfach etwas Praktisches machen. Echten Kontakt zu Kunden, zu Menschen  pflegen“, so Czapla.

Die Kombi Fischwirtschaft und Wirtschaftsrecht passt. Davon ist Andreas Kühl überzeugt. „Nur so konnte der Betriebsübergang gelingen“, sagt er. Altmeister Gerd Eberwein hört zu und schaut im Verkauf mit einem verschmitzten Lächeln über den Tresen. Er gibt ein wenig aus seiner Laufbahn preis. Die begann in seinen Jugendjahren am Kummerower See. „Mit meinem Kumpel war ich damals einer der größten Fischräuber.“ Ein Nervenkitzel, der ihn in die Fischerei brachte und sogar den Grundstein für das Studium in der Fischwirtschaft legte. „Zu DDR-Zeiten bekam die Binnenfischerei hinsichtlich der Versorgung der Bevölkerung einen besonderen Stellenwert“, sagt Eberwein. Aquakultur war damals das Zauberwort. Folglich entstand in Schwerin-Mueß eine der größten Forellenzuchtanlagen. Nur wenige Kilometer entfernt gewann mit einer 44-Millionen-DDR-Mark-Investition die Lewitz mit ihren Fischzuchtteichen an Bedeutung, erinnert sich Eberwein.

Fischer Andreas Kühl kennt die Geschichte. Im VEB Binnenfischerei  startete er unter Obhut von Eberwein ins Berufsleben. Heute ist von all den Zuchtprojekten nichts mehr erkennbar. Gefischt wird dennoch - auf insgesamt 483 Hektar des Schweriner Innensees. Die Erträge sind überschaubar. „Sie belaufen sich aus dem Innensee gerade einmal auf fünf Prozent der Gesamtproduktion“, sagt Kühl.  95 Prozent der Frischfischware werde zugekauft. Darunter befinden sich heute die Forellen aus dänischer Produktion. Stattdessen zählen Fischverarbeitung und deren Veredlung zum Handwerk auf dem Fischerhof in Mueß.

Nachdenklich reagiert Andreas Kühl, wenn es um Fischräuberei geht. Glücklicherweise gab es im vergangenen Jahr keinen Fall davon. Dennoch schauen verbotenerweise nicht selten einige Bootsfahrer in die Stellnetze. Die Folge: Nicht selten reißen beim unkundigen Heben die Maschen der feinen Netze. „Das ist teuer“, sagt Kühl. Ein 50-Meter-Netz schlägt mit 120 Euro zu Buche. Bei den im Schnitt gesetzten 1000 Metern entsteht somit schnell ein Schaden von rund 3000 Euro. Geld, was der Fischerei fehle. Eine Versicherung komme dafür nicht auf, so Kühl weiter.

Während im Geschäft die Mitarbeiter den Frischfisch mit Eis neu bedecken, blicken Henning Czapla und Andreas Kühl gemeinsam auf den See.  Klar sei das Wasser geworden. Vom trüben, nährstoffreichen Wasser, wo in Erzählungen der Fischer einst „die Zander aus dem See“ schauten, ist nichts geblieben. Dafür entwickeln sich andere Fischarten wie die Kleine und Große Maräne gut. „Ein wichtiger Baustein“, so Czapla und Kühl. Mit den Stellnetzen werden diese Fische in 20 bis 30 Meter Tiefe gefangen.

Wichtig für Angler: Auch wenn sich der Zander im klaren Wasser rar macht, bleibt er auf der Artenliste im Innensee. Darüber hinaus attestiert der Fischereihof Mueß dem Hecht einen guten Bestand. Lediglich der Barsch unterliegen momentan einigen Schwankungen. Gingen vor 15 Jahren zwischen zweieinhalb und vier Tonnen Barsch jährlich als Ware in Richtung Bodensee, können solche Mengen heute nicht mehrgefangen werden. Der Bestand dieser Fischart im See stagniert. „Es wird dauern, die Natur regelt das“, sagt Andreas Kühl. Der Schlüssel sei der Stint, der Futterfisch für Barsche. Und dessen Bestand sei durch die große Barschpopulation eingebrochen. Daher würden nun die Barsche nicht selten ihren Nachwuchs fressen. Über kurz oder lang rechnen die Fischer wieder mit guten Beständen beim gestreiften Jägern mit den Stachelflossen.

Quelle: https://www.nordkurier.de/regional/schwerin/generationswechsel-auf-dem-fischereihof-muess-3192886

Nordkurier, Volker Bohlmann, 17.1.2025, 18:45 Uhr